Review: Star Trek Into Darkness

Benedict Cumberbatch als John Harrison

John Harrison scheint einen Ein-Mann-Krieg gegen die Sternenflotte zu führen.

„Worum geht es?“ – die Frage, die Gene Roddenberry gerne stellte, um zu prüfen, ob ein Drehbuch Substanz hatte, diese Frage musste man 2009 bei J.J. Abrams‘ Film-Reboot vernichtend beantworten: Nichts. Da gab es nur eine kunstvolle Verpackung, bar jeden Inhalts.

Die Ankündigung von „Star Trek Into Darkness“ machte wenig Hoffnung auf Besserung: Der nächste rachsüchtige Irre versucht, die Welt zu vernichten. Und Kirk’s Enterprise ist mal wieder als Richter und Vollstrecker dorthin unterwegs, wo schon hunderte Hollywoodfilme zuvor gescheitert sind. Zwar ist die äußere Handlung des Films so tatsächlich zutreffend beschrieben, aber dennoch gelingt es ihm erfolgreich, über diesen Rahmen hinauszuwachsen.

Es ist fürchterlich schwer, „Star Trek Into Darkness“ sinnvoll einzuordnen, ohne die wirklich wichtigen Wendungen und Überraschungen der Handlung zu verraten. Wer unverdorben ins Kino möchte, möge daher direkt zum Fazit springen, es folgen grobe Spoiler.

Licht und Schatten

Peter Weller als Admiral Marcus

Admiral Marcus ist der am einfachsten gestrickte Bösewicht in Into Darkness.

„Into Darkness“ interpretiert die Geschehnisse rund um die S.S. Botany Bay und Khan Noonien Singh neu. Statt von der Enterprise wird das Schläferschiff von Sektion 31 aufgegriffen. In dem Bewusstsein, dass ein Krieg mit dem Klingonischen Reich unausweichlich, bzw. bereits im Gange sei, versucht eine skrupellose Gruppe um Sternenflottenadmiral Marcus, Vater von Dr. Carol Marcus, den Intellekt des Supermannes auszubeuten. Das Pfand, das Khans Kooperation erzwingen soll, ist seine verbleibende Crew. Nicht unter Kontrolle zu bringen, startet Khan eine eigene Operation gegen Starfleet, deren anfangs geheimes Ziel die Befreiung und Rettung seiner im Kälteschlaf gefangenen Crew ist.

Khan ist Opfer und Täter zugleich. Ein Thema, dass der Film auf mehreren Ebenen aufgreift, ohne in oberflächliche Analogien abzudriften. So wird Scotty klar, dass sein Transwarp-Transporter die Anschläge von Khan erst ermöglicht hat. Kirk versteht erst langsam, dass die von ihm vorangetriebene Jagd auf Khan Hardlinern in der Sternenflotte eine willkommene Gelegenheit bietet, einen Krieg mit den Klingonen vom Zaun zu brechen. Und Spock wird damit konfrontiert, dass ihn seine Logik und vulkanische Ethik daran hindern könnten, Khan erfolgreich aufzuhalten.

Chris Pine als James T. Kirk

Das Glück ist mit den Dummen. Kirk überschätzt sich maßlos und muss dafür erstmals schmerzliche Konsequenzen tragen.

Es ist über weite Teile des Films schwierig, nicht mit Khan zu sympathisieren. Es fällt schwer, Kirk dabei zuzusehen, wie er wiederholt die Grenze zur Selbstgerechtigkeit überschreitet, Opfer seines eigenen (Gewohnheits-)Erfolgs. Und selbst Admiral Marcus, der am klarsten und finstersten akzentuierte Bösewicht des Films gibt sich erst spät als solcher zu erkennen. Die Unkalkulierbarkeit Khans, eine schwelende Lunte am Pulverfass des Klingonenkonflikts und die immer noch ungefestigten Beziehungen zwischen den blutjungen Offizieren verschmelzen zu einer bedrohlichen Grundstimmung, mit welcher der Film seinen Untertitel verdient.

Nacherzählung eines Klassikers

Trotz der drastischen Handlungsunterschiede zu „Space Seed“ und „The Wrath of Khan“ kann „Into Darkness“ nicht darauf verzichten, die eigene Vorlage mehr als einmal zu zitieren. Am deutlichsten wird dies bei einem erneuten Cameo von Leonard Nimoy als Spock Prime, dessen erzählerischer Wert gegen Null tendiert („Achtung, Khan ist ein böser Junge!“).

Der indes drastischste Schachzug des Autorentrios Orci, Kurtzman und Lindelof vertauscht die Rollen von Kirk und Spock bei der Rettung der Enterprise vor ihrer sicheren Zerstörung gegen Ende des Films. Ganze Szenen sind direkte Zitate aus „The Wrath of Khan“. Das kann man zu Recht kritisieren, aber für die Charaktere im Abrahamsverse ist diese Eskalation ein Geschenk. Weniger bewundernswert, wenn auch verständlich, ist der fehlende Mut der Autoren, Kirk länger als 30 Minuten im Strahlentod verharren zu lassen.

Leider vergibt der Film auch fahrlässig einige Möglichkeiten, sein volles Potential als postmoderne Reinkarnation von „Star Trek II“ auszuspielen. So etwa, als sich Kirk und Kahn auf ihren schwer beschädigten Schiffen gegenüberstehen. Statt einer nervenzerfetzenden Raumschlacht, in der beide Kommandanten ihre Genial

Die Enterprise im Raumdock

In Into Darkness darf die Enterprise nur Prügelknabe spielen. Ausgeteilt wird nur mit Kirks und Spocks Fäusten.

ität zur Improvisation mit begrenzten Ressourcen unter Beweis stellen müssen, überlässt uns der Film der Erdanziehung in der Rolle des Endgegners.

Insgesamt scheint J.J. Abrams kein Freund schwelgerischer Raumschlachten zu sein. Die Scharmützel zwischen den Riesenkreuzern sind brutal in ihrer Intensität und fast augenblicklich wieder vorbei. Die vielen großartigen Bilder fliegen wie bereits im ersten Film viel zu schnell am Zuschauer vorbei. Fernduelle kürzt Abrams konsequent zu Gunsten von Handgreiflichkeiten.

Womit sich auch erklärt, warum das eigentliche Finale des Films zu einer lästigen Prügelei zwischen Spock und Khan auf einem futuristischen Mülltransporter verkommt. Insbesondere verpasst „Into Darkness“ nach der Bezwingung von Khan die Gelegenheit, sein eigenes Thema in einem moralischen Klimax gipfeln zu lassen: Sollen Spock und McCoy Khans Blut nutzen, um Kirk wiederzubeleben? Die Ambivalenz der Frucht, die auch in Dr. Mengeles Horrorkabinett gereift sein könnte, wird aber leider nicht einmal am Rande thematisiert, obwohl es der krönende Abschluss für genau diesen Film gewesen wäre.

Fazit

Spock und Khan prügeln sich

Leider endet der gelungene Film mit einer uninspirierten Prügelei auf einem futuristischen Nutzfahrzeug.

„Star Trek Into Darkness“ ist auf vielen Ebenen befriedigender als sein Vorgänger. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Handlung in ihrem eigenen Rhythmus atmen und sich frei von fürchterlichen Zeitreise-Korsetts entwickeln kann. Die Besetzung erweist sich erneut als hervorragendes Rückgrat der neuen Filmserie, die über die deutlich kleineren Logikpatzer und das leider unterambitionierte Finale mit Leichtigkeit hinüber helfen. Benedict Cumberbatch, Alice Eve und Peter Weller sind eine Bereicherung für das Ensemble.

Hinter der millionenschweren Fassade aus Explosionen, Weltraumspüngen, Raumschiffabstürzen und wilden Klingonenschießereien findet sich auch eine Antwort auf „Worum geht es?“. Es geht um Freundschaft, Gewissensfreiheit und die Rolle unserer Reaktionen bei der Bewältigung von Konflikten. Es geht um persönliche Verantwortung im Kleinen und Großen, und die Opfer, die uns diese Verantwortung wert sein sollte. Zuletzt geht um die Furcht zu sterben.

Man kann mit gutem Recht behaupten, dass „Into Darkness“ keiner dieser Themen in einem umfassenden Maße gerecht wird. Das wäre auch zu viel erwartet. Aber der Film erarbeitet sich redlich Substanz, besonders in der ersten Hälfte. Nach 15 Jahren voller Belanglosigkeiten, gibt es ihn endlich: Einen Film, der es nicht nur dreist von sich im Abspann behauptet, sondern der tatsächlich in der Tradition von Gene Roddenberrys „Star Trek“ steht.

Diese Rezension erscheint ebenfalls für das TrekZone Network in einer der künftigen Ausgaben der TrekZone Weekend.

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